Thomas Beilner bewertet den neuen Bitcoin-ETF

Jetzt ist es passiert: Die US-Börsenaufsicht (kurz SEC) hat kürzlich einen Indexfonds genehmigt, den es in dieser Form noch nie gegeben hat. Der neue Bitcoin-ETF, der zu 100 Prozent mit Bitcoins abgesichert ist, wird als Ritterschlag für die Kryptowährung gesehen. Es wird erwartet, dass eine Vielzahl von insbesondere institutionellen Investoren ihre Portefeuilles um diese neue Anlageklasse jetzt erweitern, es zu einem Nachfrageschub verbunden mit steigenden Preisen für Bitcoins kommt und insgesamt das Vertrauen in die Kryptowährungen steigt. Gehandelt wird dieser ETF nur in den USA und bringt deutschen Anlegern damit wenig.

Selten sind die Meinungen zum Thema Bitcoin oder Kryptowährungen so unterschiedlich. Sie reichen von einer tiefen Ablehnung bis zu der absoluten Begeisterung. Dabei blättert Bitcoin nur ein altes ökonomisches Thema neu auf. Es geht um die Suche nach der optimalen Maßeinheit für die Wirtschaft. Eine kurze Rückblende: Im Jahr 2008 verschickt als Reaktion auf die Finanzkrise ein Programmierer unter dem Pseudonym Satoschi Nakamoto eine Mail, mit dem Inhalt, dass er ein neues Zahlungssystem mit eigener Währung entwickelt hat. Es funktioniert ohne vertrauenswürdige Dritte.

Bitcoin ist digitale Währung und menschliche Erfindung

Keine Zentralbank oder sonstige Aufsichtsbehörde sind in diesem Zahlungsnetzwerk notwendig, denn die Mitglieder überprüfen dezentral selbst mit eigener Rechenleistung die Ordnungsmäßigkeit jeder einzelnen Transaktion. Für ihre Bemühungen werden sie mit der Währung Bitcoin belohnt. Zentralbank- und Aufsichtsfunktionen sind im neuartigen Netzwerk automatisiert und machen die Institutionen überflüssig. Zusätzlich wird die Wertübertragung in einer Währung mit dem Namen Bitcoin ermöglicht. Ursprünglich konnte man für einen US-Dollar über 1.000 Bitcoins erhalten. Im Dezember letzten Jahres musste man für einen Bitcoin rund 49.000 US-Dollar zahlen.

Die Preisschwankungen sind aktuell erheblich und dies verkleinert in einem starken Maß den potenziellen Anlegerkreis, der solch spekulative Preisschwankungen aushalten kann. Blenden wir diesen Tatbestand einmal aus, so ist feststellbar, dass die entwickelte Technologie nicht aus der Spielindustrie stammt und einem Online-Spiel dient, sondern in der Realität funktioniert. Werte werden von einem zu einem anderen Ort übertragen. Bitcoin ist eine digitale Währung und eine menschliche Erfindung im Digitalzeitalter mit ihren Strukturen und Prozessen. Diese menschliche Leistung ist das Aufregende und Begeisternde an all dieser Technologie.

Spekulativen Charakter mit hohen Preisschwankungen

Seit vielen Jahren beschäftigen sich Ökonomen mit der Fragestellung, ob es in der Wirtschaft nicht ebenso eine feste Maßeinheit wie das Kilogramm, den Meter oder das Grad Celsius gibt, um verlässliche Messerbnisse zu erhalten. Ein Meter ist gestern, heute und morgen immer identisch. In unserer Wirtschaft mit dem Geldsystem aus einer Fiatwährung (ohne unterlegte physische Deckung) gibt es diese konstante Maßeinheit nicht. Zwar wissen wir heute, was wir mit einem Euro konsumieren können. Aber was ist der Euro in zehn Jahren wert?

Unser Fiatgeld ist unbegrenzt produzierbar, inflationär und nicht in der Lage, den Wert über einen längeren Zeithorizont zu speichern. Mit der technischen Leistung, die Bitcoin ausmacht, gibt es ein Gut mit begrenztem Angebot (maximal 21 Millionen Bitcoins), dessen Wertzuwachs in immer kleiner werdenden Einheiten verwendet werden kann (1 Bitcoin sind 100 Millionen Satoshis). Bitcoin hat zwar keine physische Präsenz, ist aber in einer digitalen Struktur eingebunden, die eine kontrollierte Knappheit hat. Er oder eine Weiterentwicklung könnte die Basis sein, die Rolle eines Wertspeichers und damit eines wirtschaftlichen Maßstabes zu werden.

Als Anlageinstrument, das von dem privaten Anleger genutzt wird, hat Bitcoin durch seinen unverändert spekulativen Charakter mit hohen Preisschwankungen noch einen weiten Weg vor sich. Dennoch ist der neue Bitcoin-ETF als positives Signal zu werten, die pauschale Kritik an und generelle Ablehnung von Bitcoin und Kryptowährungen in eine Aufgeschlossenheit zu verwandeln, sich mit der dahinterstehenden Technologie zu beschäftigen und die Token-Ökonomie positiv zu begleiten. Die menschliche Leistung, die in der Entwicklung der Technologie steckt, hätte es verdient. Ich werde Ihnen weiter hier berichten!

Thomas Beilner ist Honorarprofessor für Finanzmarkttheorie an der Universität Erfurt. Sie erreichen den Autor unter thomas.beilner@uni-erfurt.de