Henryk Goldberg stellt dies und das richtig

Und sie war es doch. Denn diese Kolumne, also nicht diese sondern jene, die heute an anderer Stelle dieser Zeitung erscheint, jene Kolumne also tut tatsächlich, was uns Medien immer mal wieder vorgeworfen wird, sie verbreitet Halbwahrheiten, sie schwindelt.

Nicht ganz, aber beinahe, bis sich der Balken biegt. Jener Balken, der in unserer Dachgeschosswohnung neben meinem Schreibtisch ragt. An diesem habe ich 21 (einundzwanzig) Fotos meiner Liebsten angezweckt. Sie schaut da immer sehr ernst, sehr konzentriert. Sie wurden uns im Laufe der Zeit unaufgefordert von fremden Leuten ins Haus geschickt, und sie schreiben, das ist sehr nett, immer die Location dazu.

Das letzte kam dieser Tage, das Setting beschrieben sie als „Eisenach, Stockhausen, B 84, Nessetalstraße“. Na ja, irgendwie verständlich, dass sie für diese Mühe auch ein Honorar wollen, dieses Mal waren es 50 Euro, sie nennen es „Bußgeld“. Vor einigen Jahren übrigens erhielten wir einmal ein Foto mit einer viel kleineren Zahl, es war eine Vier (4). Die Maßeinheit allerdings hieß nicht „Euro“ sondern „Wochen“, in der Folge fuhr ich sie täglich zur Arbeit.

Okay, das hatte sie wohl vergessen, als sie maulte „Ich war‘s nicht!“ Kann ja mal passieren, noch ein „Augenblick der Unachtsamkeit“.

Im Übrigen, apropos, verhält es sich so, dass ich als der Preuße in dieser Familie sämtliche amtliche Post öffne, auch die an die Dame gerichtete.

Nicht weil ich denke, sie unterhielte mit den Ämtern eine unstatthafte Korrespondenz, vielmehr weil sie, die Dame, sie, die Behördenpost, gar nicht öffnen würde, es langweilt sie irgendwie. Zur Belohnung behalte ich die erwähnten Fotos.

Gar nicht langweilig aber ist‘s ihr unterwegs, wenn wir zusammen irgendwo hinfahren. Denn dann werde ich Ohrenzeuge eines mit beträchtlicher Entschlossenheit geführten Zickenkrieges. Die Kombattanten sind auf der einen Seite, nämlich zu meiner Rechten, die Dame, und auf der anderen, mir gegenüberliegenden, Gisela.

Gisela heißen all meine Navis, so wie alle Dackel meiner Eltern immer Schlumpi hießen. Gisela hat ein großes farbiges Display und eine angenehme Stimme, ich mag sie. Die Dame allerdings mag sie nicht so sehr, Weiber halt. Das beginnt regelmäßig zu Beginn der Fahrt. „Wieso will die jetzt da lang, ich würde …“, und es hört selten auf. Sie hat da einen merkwürdigen, mir vollkommen fremden Ehrgeiz, ich habe mich, mit der Demut, die den Manne ziert, vollkommen und dankbar Giselas Herrschaft unterworfen. Sie aber kann das nicht, früher, als unsereiner noch nicht so aufgeklärt war, da hieß das „stutenbissig“.

Klar, so ein Zickenkrieg kann natürlich für den unbeteiligten Betrachter einen gewissen Unterhaltungswert haben. Nur, dass ich nicht der Betrachter bin, ich bin der Entscheider. Weil doch die Gisela ungerührt so tut, als ob das Genöle sie nicht beträfe und also ich mich entscheiden muss zwischen den beiden Damen. Manchmal verstehe ich dann den Paris ein klitzekleines bisschen.

Ich meine, es kann für einen Mann schon ziemlich nervenaufreibend sein, eine andere Frau gegenüber der eigenen zu verteidigen, zu bevorzugen gar. Manchmal, wenn ich nicht schnell genug bin, programmiert sie ihr Handy als Navi, das ginge, behauptet sie, schneller.

Dann bestimmt sie, wo es langgeht. Dann geht alles wieder seinen natürlichen Gang, und wir haben eine Harmonie.