Rudolstadt. Zum Spielzeitende: Im Gespräch mit Intendant Steffen Mensching - Fragezeichen um Eröffnungstermin für das neue Schiller-Theater

Herr Mensching, Sie haben gerade Ihren Vertrag als Intendant um vier Jahre verlängert. Andere mit Mitte 60 denken an Rente, Sie nicht. Was hält Sie hier?

Da gibt es mehrere Gründe. Wir stehen mit unserem Theater-Neubau kurz vor der Eröffnung. Das möchte man ungern einem Nachfolger überlassen. Außerdem gibt es hier ein vertrautes Team, das dieses Theater durch alle schwierigen Zeiten auf Kurs hält. Deshalb war es eine für das ganze Haus wichtige Entscheidung. Zudem wurde ich von den politischen Entscheidungsträgern ermutigt, zu bleiben. Aber es stimmt, man selbst überlegt schon, wie man seine Kräfte einteilt. Man sieht immer öfter Freunde, Bekannte, die gesundheitlich in schwierige Lagen kommen.

Steffen Mensching, seit der Spielzeit 2008/09 Intendant am Theater Rudolstadt.
Steffen Mensching, seit der Spielzeit 2008/09 Intendant am Theater Rudolstadt. © Anke Neugebauer | ANKE NEUGEBAUER

Sie haben sich einer weiteren Aufgabe gestellt: Sie sind für die SPD zur Stadtratswahl angetreten und wurden von den Rudolstädterinnen und Rudolstädtern auch gewählt. Was war hier ihre Motivation?

Langeweile war nicht der Impuls zu sagen: Ich mache das jetzt. Es war vielmehr das Gefühl, dass es wichtig ist, die bislang vorhandenen politischen Verhältnisse in dieser Stadt zu bewahren, damit der Ruck nach rechts nicht noch stärker wird. Ich finde es wichtig, dafür auch Verantwortung zu übernehmen. Ich bin neugierig zu erfahren, wie dort Entscheidungen über die Zukunft dieser Stadt getroffen werden. Wenn sich die politischen Verhältnisse insgesamt ändern, wird sich das auch in der Stadt auswirken.

Sie meinen, mit einer AfD in der Mehrheit.

Das sollte uns allen Sorge bereiten. Das meine ich nicht nur mit Blick auf das Theater. Das würde eine Politik bedeuten, die der Wirtschaft schadet und Thüringen schwächt. Schauen wir zum Beispiel auf die Thüringen Klinik. Dort arbeiten Menschen aus 42 Nationen. Wenn sie Saalfeld verlassen, dann hat das gravierende Auswirkungen auf unsere Gesundheitsversorgung. Dann sind wir tatsächlich abgehängt. Wer will in einer solchen Region leben? Das ist ein Domino-Effekt, der dann eintritt. Hysterie und Kampagnen helfen niemandem weiter. Darüber sollte man sich Gedanken machen, wenn man am 1. September zur Wahl geht.

Das Theater Rudolstadt präsentiert im Open Air Sommertheater 2024 auf der Heidecksburg: „Die Olsenbande greift nach den Sternen“.
Das Theater Rudolstadt präsentiert im Open Air Sommertheater 2024 auf der Heidecksburg: „Die Olsenbande greift nach den Sternen“. © Andreas Abendroth | Andreas Abendroth

Die Olsenbande-Inszenierung als Sommertheater feiert gerade einen super Erfolg. Haben Sie damit gerechnet?

Bei der ersten Ankündigung vor mehr als einem Jahr war noch keine Zeile für das Stück geschrieben. Entsprechend vage war die Beschreibung. Ja, wir kannten die Filme, aber dass die Bande dann so abräumt, hätten wir nicht erwartet. Wir sind ja nicht die ersten, die dieses Stück auf die Bühne gebracht haben. Aber wir wollten nicht einfach eine schon bestehende Version nachspielen, sondern eine eigene Fassung mit Bezug zur Gegenwart entwickeln. Das hat sich bewährt. 17 ausverkaufte Veranstaltungen sind ein absoluter Rekord.

Das Theater in Erfurt sorgte mit der Kritik an der Theaterleitung für Schlagzeilen, zuletzt gab es ähnliche Nachrichten aus Meiningen und Eisenach, als der Führungsstil des Intendanten in einem anonymen öffentlichen Brief kritisiert wurde. Wie denken Sie darüber?

Man muss feststellen, die Beschwerdekultur nimmt zu. Es wird generell sehr schnell auf den Leidensmodus geschaltet. Nicht alle Vorwürfe sind immer berechtigt. Aber es hat sich gezeigt, dass es Leitungsstile gibt, die fragwürdig sind und die muss man kritisieren. Und ja, so ein Chefposten hat ein gewisses Risiko. Man hat die Macht, Entscheidungen zu treffen. Die Frage ist, wie geht man damit um, benimmt man sich respektvoll gegenüber den Mitarbeitern. Wir haben hier über weite Strecken einen Modus gefunden, der funktioniert. Das hat auch damit zu tun, dass man sich so lange kennt und schätzt.

Stichwort Theater-Baustelle. Wie ist hier der Stand der Dinge?

Statische Probleme bei der Verbindung des Neubaus mit dem alten Bühnenhaus haben zu einem erheblichen Zeitverzug von zwölf Wochen geführt. Wir, das heißt Generalplaner, die Handwerksbetriebe und wir als Theaterleitung werden uns nach der Sommerpause tief in die Augen blicken und ehrlich fragen müssen, ob der anvisierte Eröffnungstermin im Januar 2025 zu halten ist. Der Anschluss des Neubaus an das bestehende Bühnenhaus gestaltete sich problematischer als erwartet. Der Statiker hat die Wand, durch die die Lüftungsschächte führen müssen, als statisch nicht ausreichend stark eingeschätzt. Daher musste die Wand erst verstärkt werden. Das sind Entscheidungen, in die können wir nicht eingreifen. Da gibt es Verantwortliche, die dafür ihren Kopf hinhalten und das zu bestimmen haben.

Lassen Sie uns am Ende noch einen Blick auf die neue Spielzeit werfen. Was wünschen Sie sich?

Dass es uns gelingt, nach acht Jahren den Ausnahmezustand endlich zu beenden. Es ist schwer vorstellbar, unter welchen Bedingungen wir gearbeitet haben. Um so beachtlicher ist es, dass wir das geschafft haben. Und dass unser Publikum uns die Treue gehalten hat.

Zahlen zur Spielzeit 2023/2024:

In dieser konnten dem Publikum rund 450 Vorstellungen angeboten werden. Damit erreichte das Theater rund 77.500 Besucherinnen und Besucher. Dies ist eine deutliche Steigerung gegenüber der vergangenen Spielzeit (rund 440 Vorstellungen/66.500 Besuchende)

Das diesjährige Sommertheater mit dem Stück „Die Olsenbande greift nach den Sternen“ war ein voller Erfolg und auch das bisher bestbesuchte Sommertheater. In den 17 Vorstellungen konnten rund 11.500 Besucherinnen und Besucher dem Stück begeistert folgen. Auch dies ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem vergangenen Jahr. Das Stück „Das Geheimnis der drei Tenöre“ sahen rund 6600 Besucherinnen und Besucher in 12 Vorstellungen. 

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