Bürgel. Das Keramik-Museum Bürgel erinnert in zwei neuen Ausstellungen auch an altes Brauchtum. Zum Töpfermarkt an diesem Wochenende sind die Arbeiten des örtlichen Keramik-Preises ausgestellt. Außerdem lockt eine Kinderkeramik-Schau.

Was verbirgt sich hinter einer Sparbrust – und was ist ein Rastelbinder? Diesen beinah ausgestorbenen Begriffen können Besucher in den beiden neuen Ausstellungen des Keramik-Museums Bürgel auf die Spur kommen. Dort sind aktuell beispielsweise ein paar Sparbüchsen in Form stilisierter Brüste ausgestellt.

Sparbrüste aus dem Bestand des Keramik-Museums Bürgel
Sparbrüste aus dem Bestand des Keramik-Museums Bürgel © Ulrike Merkel | Ulrike Merkel

Sogenannte Sparbrüste wurden im 19. Jahrhundert Müttern ans Wochenbett gestellt, um Geldgeschenke der Besucher zu sammeln. „Das war ganz praktisch motiviert: Wir nähren die Brust, die das Kind füttert“, erklärt Museumsvolontärin Lolita Schultze. Die Aufschrift „Bertha 1876“ verrät Name und Geburtsjahr des Neugeborenen, für dessen Mutter eine der keramischen Sammelbüchsen einst gedacht war.

Familienausstellung mit Schätzen aus dem Depot

Inspiration und Herzstück der Schau bildet eine Sammlung von Puppengeschirr aus dem Nachlass der Bürgeler Keramikerin Christine Freigang.
Inspiration und Herzstück der Schau bildet eine Sammlung von Puppengeschirr aus dem Nachlass der Bürgeler Keramikerin Christine Freigang. © Ulrike Merkel | Ulrike Merkel

Zu sehen sind die Sparbrüste in der Familienschau „Hereinspaziert! Schätze aus dem Depot. Für Groß & Klein“. Die Ausstellung versammelt Kinder- und Puppengeschirr, keramisches Spielzeug und auch etliche Tierfiguren, darunter die beliebte Drehkopfeule von Heiner-Hans Körting. Angeregt wurde die Exposition durch das Puppengeschirr der örtlichen Keramikerin Christine Freigang (1944-2014), Tochter des einflussreichen Bürgeler Töpfermeisters Walter Gebauer (1907-1989). Die kleinen Puppenteller, Krüge, Tässchen und Töpfchen stammen teilweise noch vom Großvater Paul Gebauer, der ebenfalls als Keramiker wirkte. Er habe ein wahres Talent besessen, trotz seiner großen, derben Hände kleinste Gefäße formen zu können, sagt Museumsleiter Antje Neumann.

An die alten Rastelbinder, die früher als Hausierer von Dorf zu Dorf zogen, erinnern reparierte Keramikgefäße wie eine Napfkuchenform oder eine Schmorpfanne aus der Zeit um 1900. Keramik war seinerzeit noch wertvolles Gut. Wenn Gefäße gesprungen waren oder Risse aufwiesen, wurden sie mit einer besonderen Mischung aus Mehl und Wasser geklebt. Anschließend wurden sie mit Draht großmaschig umflochten.

Ausstellung zum Keramikpreis

Die ausgestellten geflickten Gefäße verweisen auf die zweite Ausstellung im Keramik-Museum, die am Samstag parallel zum 48. Bürgeler Töpfermarkt startet. Seit Gründung des Walter-Gebauer-Keramikpreises 1995 präsentiert das Haus alljährlich am Töpfermarkt-Wochenende alle eingereichten Wettbewerbsarbeiten. Angelehnt an die einstigen Geschirrflicker lautet das diesjährige Wettbewerbs-Thema „Die Schönheit der Risse“. Insgesamt haben sich 38 Keramiker aus ganz Deutschland und darüber hinaus beworben, „und damit mehr als im vergangenen Jahr“, wie Museumschefin Neumann sagt. Darunter finden sich klassische Gebrauchskeramiken wie Vasen, aber auch künstlerische Arbeiten. Die Preisverleihung findet am Samstagabend, 15. Juni, im Rahmen des Töpferempfangs statt.

Töpfermarkt und Öffnungszeiten

  • Der Bürgeler Töpfermarkt ist am Samstag und Sonntag, 15. und 16. Juni, jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Insgesamt präsentieren sich dort 80 Stände. Die jährliche Marktveranstaltung ist mit dem Brand des Freifeuerofens, dem Töpfermarktlauf, dem Sammlermarkt für alte Keramik und dem breiten Rahmenprogramm eines der größten Volksfeste in der Region.
  • Das Keramik-Museum kann am Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr besucht werden; die Ausstellung zum Keramikpreis ab Samstag, 12 Uhr.

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