Erfurt. Bei der Poetry-Slam-Gala im Kaisersaal gab es zum Jubiläum keinen Wettstreit der Worte. Stand-up-Comedian aus Lauscha sorgt für viele Lacher.

„Einen gelungenen Abend erkennt man an den Gesichtern der Leute. Sie sollen mit einem breiten Lächeln nach Hause gehen.“ Diesen Anspruch hat Friedrich Herrmann formuliert – auch an sich selbst. Der Jenaer ist der wohl bekannteste Poetry Slammer in Thüringen, war deutscher Meister 2019, stand „vom Jugendclubhaus Zella-Mehlis bis zur Hamburger Elbphilharmonie gefühlt auf jeder Bühne“, verdient mit Workshops, Moderationen und Auftritten sein Geld – ist sozusagen Profi.

Verlegung der Veranstaltung zum Jubiläum

Am Dienstagabend moderierte der 34-jährige Jenaer „Spill the Beans“. Eine Redewendung, die so viel bedeutet wie „Spuck‘s schon aus“ oder „Raus mit der Sprache“. Die Veranstaltung von Thüringer Highslammer findet regelmäßig im „Franz Mehlhose“ in Erfurt statt, doch wegen des Jubiläums, dem 50., erfolgte der Umzug in den Kaisersaal. Zu einer Gala, wie Friedrich Herrmann ankündigte. Und so fiel dieses Mal der übliche Wettstreit der Worte unter den Beteiligten, den das Publikum mit Tafeln oder Applaus entscheidet, aus.

Brillianz nach Zugreise und vor Busfahrt

Doch bei einer Abstimmung über die selbst verfassten Texte, wäre der erste Platz eindeutig gewesen. Paulina Behrendt aus Hamburg, mit dem Zug angereist, wegen des Streiks in der nächtlichen Früh mit dem Bus zurückgefahren, brillierte. Sie zeigte, dass Poetry Slam – die Mischung von Lyrik, Prosa und Comedy – nicht nur witzig, sondern sehr persönlich und tiefgründig sein kann. Sie las auch nicht – wie sonst üblich – von Zetteln ab, sondern sprach ihre nachdenklichen Fünf-Minuten-Stücke „Atmen“ und „Schweigepflicht“ frei. Großartig.

Unpassende Bemerkung zu Beckenbauer

Bis auf den Erfurter Julius Keinath fielen die anderen Protagonisten ziemlich deutlich ab. Wobei auch der Einstieg in den Abend durch den Meister alles andere als gelungen war: Die Bemerkung von Friedrich Herrmann, dass der kurz zuvor verstorbene Franz Beckenbauer unpässlich ist und deshalb nicht kommen kann, war völlig daneben.

Zuvor hatte er im Gespräch konstatiert, dass sich Poetry Slam in den vergangenen Jahren im Kulturbetrieb etabliert hat, auch in Thüringen: „Gerade die Städte Erfurt und Jena haben eine starke Szene.“ Und während die Vorträge früher vor allem lustig und komisch sein sollten, „sind sie inzwischen deutlich politischer und diverser geworden“.

Heiterkeit dank Comedian Jonas Greiner

Dass Witz und Heiterkeit an diesem Abend aber auch ihren Platz hatten, war vor allem ein Verdienst von Jonas Greiner. Der 2,07-Meter-Hüne aus Lauscha hatte als Stand-up-Comedian einen Gastauftritt und sorgte für zahlreiche Lacher. So sagte er, dass nicht alle in der Familie groß sind. Seine Schwester beispielsweise ist nicht mal 1,60 Meter. Allerdings wäre sie auch erst drei Jahre.

Gegen 22.30 Uhr war die Veranstaltung zu Ende. Rund 600 Menschen zwischen 17 und 70 strömten nach Hause. Die Gesichter sahen am Ausgang nicht alle rundum glücklich aus. Das lag wohl nicht nur an der eisigen Kälte, die draußen wartete.