Berlin. Auf dem Weg zu grünem Wasserstoff für eine klimaneutrale Industrie geht die Regierung einen Umweg. Ob das funktioniert, ist aber offen.

Kleine Wasserstoff-Farbenlehre nach der Bundesregierung: Grün = gut und förderungswürdig. Grau = nicht gut, sollte ersetzt werden, am besten durch grün. Und blau? Nicht optimal, aber fürs erste gut genug. So etwa lautet eine Botschaft der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoff-Strategie, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat.

'Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Grüner Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien und deshalb CO2-frei produziert wird, gilt als Schlüssel dafür, die Industrie in Deutschland klimaneutral zu machen. Doch der Energie-Hunger vieler Betriebe, die auf ihn angewiesen sein werden, ist groß – und das Angebot bisher sehr klein.

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Weil aber in den kommenden Jahren nicht nur ein Markt für grünen Wasserstoff entstehen muss, sondern gleichzeitig auch eine Transportinfrastruktur, will die Ampel-Regierung einen Umweg gehen: Bis genug grüner Wasserstoff da ist, soll auch blauer Wasserstoff gefördert werden – also solcher, der unter Abspaltung und Speicherung von CO2 aus fossilem Erdgas gewonnen wird.

Umweltverbände sind nicht begeistert, dass blauer Wasserstoff gefördert wird

Der steht schneller zur Verfügung und soll helfen, den Boden zu bereiten. Grauer Wasserstoff, der schon jetzt eingesetzt wird und bei dessen Herstellung das CO2 einfach in die Luft entweicht, wird nicht gefördert. Umweltverbände sind von der Förderung blauen Wasserstoffes aber ebenfalls nicht begeistert und befürchten eine dauerhafte Abhängigkeit von fossilem Gas.

Die Bundesregierung dagegen setzt darauf, dass grüner Wasserstoff schnell genug billiger wird als blauer, sodass dieser tatsächlich eine Übergangslösung bleibt. Es ist eine riskante Wette. Denn um den Bedarf zu decken, werden rund zwei Drittel des raren Stoffes aus dem Ausland kommen müssen. Ob die Ampel-Strategie aufgeht, wird also nicht in erster Linie in Deutschland entschieden.