Erfurt. Nach dem TV-Duell zwischen Höcke und Voigt kritisiert der Erfurter Politikwissenschaftler Oliver Lembcke, dass Politische Themen, die auf Landesebene entschieden werden können, keine Rolle gespielt haben.

Aus Sicht des Politikwissenschaftlers Oliver Lembcke hat AfD-Rechtsaußen Björn Höcke im TV-Duell mit dem Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt inhaltliche Schwächen offenbart. „Höcke hat zum Teil Positionen vor laufender Kamera geräumt und war bei Kernthemen der AfD schwach“, sagte er dieser Zeitung. Der 55-Jährige lehrt als Professor an der Ruhr-Universität Bochum und war einst in Jena aktiv.

Die Auseinandersetzung auf dem TV-Sender „Welt“ am Donnerstagabend bleibt politisch umstritten. Höcke sei damit ein bundesweites Podium geboten worden, monieren Kritiker.

Für Lembcke steht indes fest: „Der Sieger ist das Format.“ Wenn Höcke kurzfristige Effekthascherei betreibe, wenn er von „Sozialstaatsmagnet“ rede, zeige sich, dass die AfD-Strategie zwar im Internet funktioniere, „der Populismus aber eine längere Auseinandersetzung nicht überstehe“. Zwischenzeitlich hatte Höcke sogar den Faden verloren, als es um das Kernthema „Migration“ ging.

Duell vom dunklen Lord gegen Professor Hastig

André Brodocz, Inhaber der Professur für Politische Theorie an der Universität Erfurt, beantwortet die Frage, wer das Duell gewonnen hat, auf Anfrage dieser Zeitung wie folgt: „Jedenfalls nicht die Wählerinnen und Wähler in Thüringen.“ Es habe keine neuen Informationen über das gegeben, was beide Parteien für Thüringen wollen.

„Besonders kritisch zu bewerten ist deshalb, dass politische Themen, die auf Landesebene entschieden und gestaltet werden können, keine Rolle gespielt haben: nichts zur Bildungspolitik, zur Energiewende, zur Wirtschaftspolitik in einem industrieschwachen Bundesland, zur Verkehrspolitik im ländlichen Raum“, analysiert Brodocz.

Lembcke ist überzeugt, dass aus dem Format noch deutlich mehr herauszuholen sei. „Wir haben das Duell vom dunklen Lord gegen Professor Hastig erlebt, das mit leichten Vorteilen für Professor Hastig ausging. Voigt hätte aber an mehreren Stellen noch deutlicher zubeißen können“, sagt Lembcke und sieht Voigt nach der Debatte leicht vorn. Insbesondere deshalb, weil Höcke sich an mehreren Stellen habe triggern lassen.

Andere Wählerschichten nicht erreicht

Brodocz zufolge kann das Duell langfristig für Voigt wie Höcke ein Erfolg sein, weil es die Wahl im September auf die Entscheidung zwischen ihnen zugespitzt hat. „Das hilft beiden. Und es ist auch nötig, weil der Linke Bodo Ramelow bei der Direktwahl als Ministerpräsident nach letzten Umfragen deutlich besser abschneiden würde als Höcke oder Voigt“, so Brodocz.

'Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Andere Wählerschichten seien eher nicht erreicht worden. Dafür fehlten auch einfach die Themen, die die abwesenden Parteien anbieten: wie soziale Gerechtigkeit oder Umweltschutz. „Dazu gab es nichts“, bemängelt der Erfurter Wissenschaftler.