Nordhausen. Die Ausbildung zum Bergbautechnologen ist spannend, aber herausfordernd. Nicht viele wagen sich daran. Auszubildende und Ausbilder geben einen Einblick.

Hier wird gegrüßt. Da die Hand geschüttelt. Ein „Glück auf!“ ertönt. Andreas Herrmann kann nicht über das Gelände des Schachtbaus Nordhausen gehen, ohne bekannte Gesichter zu sehen. Das Unternehmen hat fast 800 Beschäftigte und er kennt die meisten. Er ist hier in die Lehre gegangen, jetzt zählt er zu den drei Ausbildern. Und an Auszubildenden mangelt es dem Schachtbau wahrlich nicht. Konstruktionsmechaniker werden ausgebildet, zudem Zerspanungsmechaniker und Elektroniker, auch Zimmerer und Maurer.

Eine Ausbildung gibt es, die ist etwas Besonderes: die zum Bergbautechnologen. Der IHK Erfurt zufolge gab es im April dieses Jahres nur 30 Ausbildungsverhältnisse in diesem Beruf. Der Grund? Die Nachfrage ist zu gering. Und der Bedarf? „Wir brauchen diese Leute“, erklärt Herrmann. „Es ist nicht so, dass der Bergbau stirbt. Im Gegenteil: Er ist wieder am Aufleben.“

Auch Azubis aus dem Ruhrpott kommen nach Sondershausen

Nach der Wende wurde dem Betrieb die Bergbauausbildung entzogen, erst seit 2008 gibt es wieder eine Ausbildung zum Bergbautechnologen. „Wir haben von Anfang an immer die Klassenstärken erfüllt“, erklärt Thomas Gottwald, der beim Schachtbau Nordhausen Leiter der Schweißtechnischen Kursstätte und der Berufsausbildung ist. „Normalerweise müssen es immer 15 Leute in einer Klasse sein. Das kriegen wir auch hin. Weil es eine Sonderklasse ist, dürfen es notfalls auch mal zwölf sein.“ Zur Berufsschule in Sondershausen ist es für die Einheimischen nicht weit. Da es sich um eine Bundesfachklasse handelt, kommen einige Lehrlinge auch aus anderen Bundesländern. Die Prüfungen der Lehrlinge finden ebenfalls in Sondershausen statt, Gottwald und Herrmann sitzen beide im Prüfungsausschuss.

Überall auf dem Gelände des Unternehmens befinden sich Hinweise auf die Bergbaubranche, für die sie Dienstleister sind. Hier ist eine gelbe Vortriebsmaschine zu sehen, die im Trinkwasserstollen für die Talsperre Leibis im Einsatz war. Sie wurde benutzt, um Tunnel zu erweitern. 
Überall auf dem Gelände des Unternehmens befinden sich Hinweise auf die Bergbaubranche, für die sie Dienstleister sind. Hier ist eine gelbe Vortriebsmaschine zu sehen, die im Trinkwasserstollen für die Talsperre Leibis im Einsatz war. Sie wurde benutzt, um Tunnel zu erweitern.  © Nathalie Lauterbach

Thüringer Bergbaubegeisterte haben Glück, denn in Thüringen ist die Branche noch vergleichsweise gut vertreten. „Der Ruhrpott und der mitteldeutsche Raum betreiben viel Altbergbau und einige Kalischächte, so wie hier in Sondershausen oder Bleicherode“, sagt Herrmann.

Umfassend und herausfordernd ist die Ausbildung

Die dreijährige Ausbildung der Bergbautechnologen sei „herausfordernd: Wenn sie sich nicht reinknien, dann schaffen es die jungen Menschen nicht“, so Herrmann – und verweist auf folgende Zahlen: Im ersten Lehrjahr gibt es im Schachtbau derzeit sieben Lehrlinge, im zweiten Lehrjahr nur einen. Angefangen hatten sie mit sechs...

„Der Beruf ist sehr umfassend“, so Gottwald. Im Flyer des Unternehmens heißt es: „Bergbautechnologen werden ausgebildet zu Facharbeitern für bergbautechnische Arbeiten im Unter- und Übertagebetrieb und führen logistische Prozesse der Transport- und Fördertechnik durch.“ Maschinen und Anlagen werden von ihnen montiert, bedient und gewartet, Systeme der Wetter- und Klimatechnik eingebaut.

'Thüringen - Der Tag' - Post von Jan Hollitzer

TA-Chefredakteur Jan Hollitzer betrachtet Themen, die uns beschäftigt haben, es momentan tun und künftig werden in kommentierter Form.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Es gibt noch eine zweite, nicht so umfassende Ausbildung für die Branche: die zum Berg- und Maschinenmann. Diese dauert zwei Jahre und ist nicht ganz so anspruchsvoll wie die Ausbildung zum Bergbautechnologen. Auch sie wird im Schachtbau angeboten.

Altbergbau und Endlager für radioaktive Abfälle

Zu den angehenden Bergbautechnologen im ersten Lehrjahr gehören Jürgen Sukow (28) und Hendrik Schrecke (20). Sukow hatte zuvor ein Bergbau-Studium begonnen, sich aber in der Zwischenzeit neu orientiert. Beide haben durch Familie und Bekannte eine Nähe zum Bergbau. Sie haben Spaß an der Lehre.

„Die Firma gefällt mir“, sagt Sukow. „Es herrscht ein gutes Betriebsklima und bei der Ausbildung haben wir viel Abwechslung. Es gibt verschiedene Baustellen, dadurch sieht man nicht immer nur dasselbe.“ Schrecke stimmt zu. Er hatte eine Ausbildung im Sägewerk angefangen. „Die Arbeit war mir zu stumpf.“ Sukow hat bereits mehrere Wochen in einem Schacht in Saale bei Halle gearbeitet. Außerdem war er einige Zeit beim Altbergbau im Erzgebirge. Schrecke verbringt viel Zeit im Schacht Konrad. Der liegt im niedersächsischen Salzgitter. Hier entsteht ein Endlager für radioaktive Abfälle.

Auf dem Gelände des Schachtbaus steht ein etwa 15 Meter hohes Teil eines Gerüstes, das im Schacht Konrad zum Einsatz kommen soll. Das ist ein Atommüllendlager, welches gerade gebaut wird. Hendrik Schrecke geht dort seiner Arbeit nach.
Auf dem Gelände des Schachtbaus steht ein etwa 15 Meter hohes Teil eines Gerüstes, das im Schacht Konrad zum Einsatz kommen soll. Das ist ein Atommüllendlager, welches gerade gebaut wird. Hendrik Schrecke geht dort seiner Arbeit nach. © Nathalie Lauterbach

Tiefe Tunnel und enge Schächte

Der Arbeitsalltag unterscheidet sich je nach Baustelle. „Bei der Grundausbildung im Schachtbau oder in der Berufsschule ist es natürlich immer gleich, aber auf Montage müssen wir auch mal in die Spät- oder Nachtschicht“, sagt Sukow. „Im Altbergbau ist es kalt und nass“, spricht Herrmann aus Erfahrung. „Beim Salzabbau geht es tief runter, da ist es trocken und es können auch mal 30, 40 Grad sein.“ Ausbilder Herrmann wird noch konkreter: „Bergbautechnologen müssen sich auch durch enge Stellen zwängen. Platzangst dürfen sie nicht haben.“ Und Höhenangst wäre auch ein Problem. Manchmal stehen die künftigen Bergbautechnologen am Rande eines hunderte Meter tiefen Tunnels.

Alle Links zur Reihe „Seltene Ausbildungen in Thüringen“.

Die Ausbildung zum Gleisbauer.

Die Ausbildung zum Sattler.

Die Ausbildung zum Bergbautechnologen.