Schleiz. Vor allem Urlauber wissen nicht, dass sie sich in der waldreichen Region zwischen Hirschberg und Pößneck in einem Risikogebiet befinden

Derzeit haben Zecken im Saale-Orla-Kreis dank hoher Luftfeuchtigkeit und Wärme wieder Hochsaison. Doch was ist zu tun, wenn man einen Stich zu spät entdeckt und die Zecke mit dem geeigneten Werkzeug wie Zeckengreifer, -karte, -pinzette oder -lasso nicht vollständig entfernen konnte? Sollte man zum Hausarzt oder in die Notaufnahme des Krankenhauses? Und was sollen Urlauber tun, die in dem waldreichen Landkreis über keinen Hausarzt verfügen?

„Bei den so genannten Zeckenresten in der Wunde handelt sich um den Stechrüssel. Dieser kann gegebenenfalls im Verlauf chirurgisch entfernt werden, wird meist aber auch abgestossen. Dieser Anteil ist nicht infektiös“, teilte Dr. Torsten Bossert, Leiter des Fachdienstes Gesundheit im Landratsamt Saale-Orla, auf Anfrage mit. Man solle keine Zeit mit der Arztsuche verlieren, sondern die Zecke mit geeigneten Hilfsmitteln notfalls von einer zweiten Person entfernen zu lassen, rät er.

Faktor Zeit beachten

Denn der Faktor Zeit spiele eine wichtige Rolle. Denn je länger der Saugvorgang der Zecke anhält, desto wahrscheinlicher ist eine Übertragung von Krankheitserregern. Deshalb sollten Spaziergänger ein Werkzeug zur Entfernung von Zecken mit sich führen. So ist eine schnelle Entfernung vor Ort möglich. Bis es zu einer Infektion mit Borreliose-Bakterien kommt, vergehen im Schnitt zwölf bis 24 Stunden. Die Übertragung von Frühsommer-Meningoenzephalitis-Viren (FSME) kann dagegen direkt nach dem Zeckenstich beginnen, da sich das Virus in den Speicheldrüsen der infizierten Zecke befindet.

Torsten Bossert, Amtsarzt im Saale-Orla-Kreis.
Torsten Bossert, Amtsarzt im Saale-Orla-Kreis. © Funke Medien Thüringen | Peter Cissek

Da es nur Impfungen gegen die FSME-Infektion gibt, aber nicht gegen Borreliose, rät Bossert: „Nach jedem Aufenthalt im Freien sollte man den Körper nach Zecken absuchen. Urlauber beispielsweise aus Norddeutschland wissen oft gar nicht, dass sie sich bei uns in der Region in einem Risikogebiet aufhalten. Auch zahlen nicht alle Krankenkassen in den Urlauber-Herkunftsgebiete die Reiseimpfung gegen FMSE. Wichtig ist nicht nur für Urlauber, die später mit einer ausbreitenden Rötung oder Schmerzen an der Einstichstelle zum Hausarzt gehen oder gar mit grippeähnlichen Beschwerden, dass sie auf die Möglichkeit eines Zeckenstiches hinweisen“, rät Torsten Bossert. Er selbst habe sich dieses Jahr bereits drei Zecken entfernt.

Jochen Süss.
Jochen Süss. © Archiv/Funke Medien Thüringen | Ute Flamich

Es gibt die Möglichkeit, die relativ spät entfernten Zecken an Labore wie Bioscientia in Jena einzuschicken, um diese auf mögliche Krankheitserreger für FSME und Borreliose zu überprüfen. Das kostet dem selbstzahlenden Auftraggeber pro Zecke über 90 Euro. Doch von der Möglichkeit, die selbst einige Ärzte nach Zeckenstichen bei ihren Kindern praktizieren, hält Prof. Dr. Jochen Süss nicht viel. Vor seiner Pensionierung hatte er in Jena das Nationale Referenzlabor für durch Zecken übertragene Krankheiten leitete und engagiert sich als ehrenamtlicher Leiter des Museum „Brehms Welt“ in Renthendorf im benachbarten Saale-Holzland-Kreis ist. „Selbst wenn es im Labor einen Nachweis dafür gibt, dass die Zecke das FSME-Virus in sich trägt und man nicht dagegen geimpft ist, kann man nur hoffen, dass man sich nicht infiziert hat. Nur ein Teil der Zecken mit Viren überträgt diese. Und wenn es keinen Virusnachweis gibt, kann man auch nicht sicher sein, ob es das FSME-Virus gegeben hat“, erklärte Jochen Süss. Er rät, sich vollständig, also drei Mal gegen FSME impfen zu lassen. „Das ist eine der wenigen antiviralen Impfungen, die eine 98-prozentige Feldeffektivität haben. Jeder Zeckenstich in den nächsten fünf Jahren kann einem lediglich eine Borreliose einbringen, gegen die der Arzt medizinische Maßnahmen ergreifen kann“, so Jochen Süss. Im Reformhaus und den Apotheken gäbe es sehr viele zeckenabwehrende Mittel, die man vor seinem Aufenthalt auf Wiesen und im Wald verwenden kann. Er würde zu jenen Produkten greifen, die von der Stiftung Warentest nach wissenschaftlichen Kriterien geprüft wurden.

Impfquote bei 40 Prozent

Bei Impfungen gegen FSME liege die Quote im Saale-Orla-Kreis bei 40 Prozent, so Amtsarzt Torsten Bossert. Er weist darauf hin, dass Zecken „wegen des Klimawandels“ zum ganzjährigen Problem werden können. Im Saale-Orla-Kreis wurden bereits Tropenzecken, so genannte Hyalomma, gesichtet, eingeschickt und von der Universität Hohenheim auf Krankheiten untersucht. Ein Bürger hatte in einem Pferdetransport aus Südeuropa eine extrem große Zecke bemerkt und den Fachdienst Gesundheit informiert, der diese abholte und untersuchen ließ.

Mehr Nachrichten aus dem Saale-Orla-Kreis

  • Technik-Museum ist nach nur 15-jähriger Existenz selbst Geschichte
  • Ein Garten mit Geschichte(n)
  • Vaginalverjüngung statt Geburtshilfe: Womit ein ehemaliger Schleizer Oberarzt seine Brötchen verdient
  • Schleizer Motorwelt: Marc-Marquez-BMW und interaktive Fahrsimulatoren
  • Generationenwechsel in der Lebenshilfe
  • Drei Buchstaben Heimat: Zum 30-jährigen Bestehen des Saale-Orla-Kreises
  • Zecken haben im Saale-Orla-Kreis Hochsaison. Doch wie verhält man sich nach einem Stich?
  • Sauna mit malerischem Ausblick am Arbeitsplatz: Das gibt es bald in dieser Firma aus dem Saale-Orla-Kreis
  • Ferienzeit ist Schulbauzeit: Wo sich Schüler, Lehrer und Eltern auf bessere Bedingungen freuen dürfen

.